Hybridmotorrad:

Entwicklung in den Kinderschuhen

Hybridantriebe im Pkw-Bereich sind schwer im Kommen. Seit 2006 hat es jährlich einen Anstieg der Zulassungen von Hybridautos gegeben und die Hersteller arbeiten weiter daran, die Antriebe zu verbessern. Ganz anders sieht es bei den zweirädrigen Fahrzeugen aus. Hybridmotorräder sind eine absolute Ausnahme und existieren bisher nur als Einzelstücke, Prototypen, Konzeptfahrzeuge oder Designstudien. Lediglich ein italienischer Hersteller hat einen serienmäßig hybridbetriebenen Motorroller im Angebot. Doch woran liegt es, dass die Entwicklung der Automobilbranche gegenüber derart hinterher hinkt?

Mehr Nach- als Vorteile

Im Automobilbereich ist der Nutzen der kombinierten Antriebe offensichtlich. Durch die Verbindung von Elektro- und Verbrennungsmotor können die Vorteile beider Seiten genutzt werden – geringerer Verbrauch, verbesserte Umweltfreundlichkeit und hohe Reichweiten. Für viele Zweiradfahrer spielen diese Aspekte keine große Rolle. Sie sehen ihre Maschine als reines Freizeitfahrzeug, bei dem der Verbrauch bzw. die Schonung der Umwelt keine kaufentscheidenden Gründe darstellen. Dazu kommt, dass die zusätzliche Technik für mehr Gewicht sorgt, was sich bei einem rund 200 Kilo schweren Motorrad eher negativ auswirken würde. So kann es zu Problemen der Handhabung oder zu fahrdynamischen Nachteilen kommen. Außerdem steigen durch den Materialbedarf und die teuren Akkus die Anschaffungskosten.

Prototyp zeigt Potenzial

Trotz dieser Mankos entwickeln einige Hersteller Konzepte und Designstudien, um zu zeigen, wie die Zukunft der Hybridantriebe für Motorräder aussehen könnte. Ein Zubehörspezialist für einen süddeutsche Hersteller hat beispielsweise ein herkömmliches Serienmodell auf hybriden Betrieb umgerüstet. Dabei wurde zusätzlich zum Zweizylinder-Boxermotor das Vorderrad mit einem 7,6 Kilowatt bzw. zehn PS starken Nabenantrieb versehen. Dieser kombinierte Antrieb ist nicht nur effizient und holt sich die verbrauchte Energie bei Bremsvorgängen zurück, sondern bringt auch noch ein Mehr an Leistung und Anzug. Innovativ hierbei ist, dass beide Motoren des Konzeptfahrzeugs komplett unabhängig voneinander genutzt werden können; der Elektromotor zum Antrieb des Vorderrads, der Verbrennungsmotor für das Hinterrad. Herausgekommen ist ein Allradantrieb, der sich besonders im Gelände oder auf rutschigem Untergrund durch bessere Traktion bemerkbar macht. Dabei kommt der elektrische Motor alleine nur auf 20 km/h und schaltet sich bei Tempo 120 komplett ab. Dazwischen sorgt er für jeweils maximal fünf Sekunden merkbare Beschleunigung, was besonders in Kurvenfahrten mehr Stabilität bringt. Der Elektromotor lässt sich separat über Bedienelemente auf der Tankabdeckung ein- oder ausschalten und sogar die Leistung kann geregelt werden. Die beiden Akkus mit jeweils zwei kWh Kapazität sind am Heck in zwei Koffern angebracht. Aufgrund der zusätzlichen Technik steigt das Gewicht der Maschine um rund 100 Kilogramm auf 315 Kilogramm. Dafür musste das Fahrwerk angepasst werden. Der Verbrauch des Verbrennungsmotors lag auf einer Testrunde bei 4,8 Litern auf 100 Kilometer. Diesen Verbrauch erreicht das Serienmodell auch ohne die Hybridtechnik, so dass dieser Vorteil des doppelten Antriebs gar nicht zum Tragen kommt bzw. durch das zusätzliche Gewicht zunichte gemacht wird.

Hybridantriebe für Motorräder sind auch in Japan ein Thema. Ein Hersteller installierte bei einem serienmäßigen Motorroller mit Viertakt-Einzylindermotor zusätzlich einen 20 PS starken Elektroantrieb, der vollautomatisch den Betrieb beim Anfahren und bei geringen Geschwindigkeiten bis 20 km/h übernimmt. Danach schaltet sich der Verbrennungsmotor von selbst hinzu. Der Clou bei diesem Modell ist der Lithium-Ionen-Akku, der an der Stelle des Kraftstofftanks platziert ist, der Platz im hinteren Teil der Sitzbank findet.

Weitere Entwicklung ungewiss

Für die Zukunft der Motorrad-Hybridantriebe gibt es also schon einige Überlegungen. Allerdings ist es fraglich, ob die einzelnen Prototypen, Konzeptfahrzeuge und Designstudien jemals zur Serienreife gebracht werden. Das Potenzial ist erkennbar, jedoch vermuten Experten, dass die Mehrheit der Anbieter (noch) keinen Markt für den zweirädrigen Hybridantrieb sieht.